Was wir aus dem Kampf der Wissenschaft gegen „alternative Fakten“ über Social-Media-Marketing lernen können
Dieser Artikel zeigt die Hintergründe der psychologischen Wirkung von Fakten auf und weshalb die Wirkungskraft von Influencer Marketing, Social-Media-Marketing und Community Marketing so groß ist.
Studien haben gezeigt:
– Persönliche Erfahrungen werden als glaubwürdiger eingeschätzt im Vergleich zu Fakten
– Die Wahrnehmung und Wertung von Fakten durch den Empfänger einer Botschaft ist maßgeblich
abhängig von der in seiner Community vorherrschenden Meinung
Im B2B-Marketing wird das Potenzial von Social-Media-Marketing aktuell noch weit unterschätzt, obwohl dieser Marketingweg hinsichtlich Vertrauensaufbau und Marktforschung die Chance direkt an eine Zielgruppe heranzutreten anbietet. Darüber hinaus kann der sogenannten Meinungskonsens, zur Steigerung der Glaubwürdigkeit für ein Produkt, eine Kompetenz oder eine Dienstleistung, genutzt werden.
Der Effekt von Influencer-Marketing z.B. gewinnt eine ganz andere Bedeutung, und ist viel größer als dessen bloßer ROI vermuten lässt (welcher z.Zt. meist nur sehr begrenzt anhand des Affiliate-Marketings gemessen wird).
Anders als mit „Frontalwerbung“ (z.B. Anzeigen) wird ein Produkt nämlich nicht nur für den Kunden „sichtbar“ gemacht, sondern man bedient gleichzeitig die für die Entscheidungsfindung des Kunden relevanten psychologischen Wirkmechanismen:
Studien-Zusammenfassung:
1. Empfehlungsmarketing (persönliche Erfahrungen), insbesondere eines Mitglieds einer Community, ist glaubwürdiger als eine überzeugende Präsentation von Produkteigenschaften.2. Man wirkt unmittelbar auf die gesamte Community potenzieller Kunden ein, also auf die für die Wahrnehmung und Wertung der Produkteigenschaften (Fakten) maßgebliche Instanz.
Durch breit angelegte Influencer-Kampagnen lässt sich somit unmittelbar und nachhaltig auf das Kaufverhalten ganzer Kundengruppen einwirken – man kann also eine Art „Großwetterlage“ in der Kundenwahrnehmung erzeugen.
Selbstverständlich ist das Ausmaß dieser Effekte abhängig von der Relevanz des Themas auf welches die Techniken Anwendung finden (je emotionaler und bewegender, desto stärker) und dem Inhalt, den man vermitteln möchte („fake news“ zu etablieren funktionieren nur dann, wenn es für eine Community auch sinnvoll ist diese zu vertreten)
Die Gegenüberstellung zu der gesellschaftlichen Tragweite dieser Effekte zeigt aber, dass sich die Revolution der Werbewelt durch das Social-Media-Marketing auf einer ganz anderen Ebene abspielt, und dessen Wirkkraft auf ganz anderen Mechanismen gründet, als es auf den ersten Blick scheint – Was die Ausschöpfung dessen Potentials angeht, stehen wir hier sicher erst am Anfang der Entwicklung.
Social Media Wirkungsvergleich mit der Politik & Gesellschaft
Seit der Präsidentschaftswahl von Donald Trump stehen sich in den USA zwei politische Lager absolut unversöhnlich, geradezu militant gegenüber. Zwischentöne gibt es nicht. Entweder man gehört der einen oder der anderen Fraktion an, selbst ein zivilisierter Diskurs scheint über weite Strecken nicht mehr möglich.
Eigentlich gelten in der westlichen Welt seit dem Zeitalter der Aufklärung traditionell Rationalität und Fakten als Grundsteine der Streitkultur, seit 2016 scheint dem öffentlichen Diskurs diese Grundlage, insbesondere in den USA, weitgehend entzogen – die neue Streitkultur ist geprägt von dem Geist des zeitgleich aufkommenden Unwort des Jahres 2017 „Alternative Fakten“.
Seither versuchen Wissenschaftler, denen naturgemäß recht viel an Rationalität und Fakten gelegen ist, Ursachen für die Erosion der Gesprächskultur zu finden, und möglichst auch einen Weg, die Menschen wieder einem Diskurs zugänglich zu machen.
Die im Zuge dessen betriebenen wissenschaftlichen Studien lassen tief in die Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse der Gesellschaft blicken – und das macht diese Erkenntnisse auch für das Marketing interessant.
Die argumentative Wirkung von Zahlen und Fakten als Grundlage für Social-Media-Marketing
Im Hinblick auf die derzeitige gesellschaftliche Spaltung der USA hat eine internationale Kooperation mehrerer Universitäten versucht anhand einer groß angelegten Studie zu ergründen, wie man unter den verfeindeten Lagern wieder eine Grundlage zur Kommunikation schaffen kann, und dabei erstaunliches über die Wirkung von „Fakten“ in der Debatte festgestellt.
Wenn Teilnehmer der Studie gefragt wurden, wonach sie die Glaubwürdigkeit und Verwertbarkeit einer fremden Meinung einschätzen würden, gaben über die Hälfte (56 %) an, dies anhand von vorgetragenen Fakten und Beweisen zu bemessen. Weniger als ein Viertel (21 %) gab an, persönliche Erfahrungen des Gegenübers als Argument zu respektieren.
Studien-Impuls: In unserer Selbstwahrnehmung sind wir überwiegend der Auffassung, Argumente rational und faktenbasiert zu werten.
Im weiteren Verlauf der Studie zeigte sich hingegen, dass in allen Kategorien (emotional besetzte Themen bis hin zu Sachthemen) durchweg den ins Feld geführten persönlichen Erfahrungen eine höhere Glaubwürdigkeit zugebilligt wurde als vorgetragenen Fakten.
Studien-Impuls: Persönliche Erfahrungen werden in einer Debatte durchweg als glaubwürdigere Argumente wahrgenommen, denn vorgetragene Fakten.
Bei emotional besetzten Themen ist dieser Effekt stärker ausgeprägt, er gilt aber selbst für reine Sachdebatten.
In einem weiteren Teil dieser Studie wurden die Reaktionen auf vorgetragene Argumente anhand des öffentlichen Diskurs via Social Media (Youtube) gemessen. Paradoxerweise wurden dort die Debatten über vorgetragene Daten und Fakten emotionaler, und vor allem feindseliger geführt, als jene über persönliche Erfahrungen.
Studien-Impuls: Argumentation mit Fakten sind im öffentlichen Diskurs streitbarer als jene auf Grundlage persönlicher Erfahrungen.
Natürlich ist zu berücksichtigen, dass es sich in den durch die Studie betrachteten Sachverhalte um politische, teils religiöse Einstellungen handelt, deren Diskurse naturgemäß vehementer geführt werden als solche über persönliche Konsumentscheidungen. Die dem Verhalten zugrundeliegenden gruppendynamischen Wirkmechanismen wirken aber ebenso wirkungsvoll bei unseren alltäglichen Entscheidungen.
Wie Fakten wahrgenommen werden
Aus weiteren Studien in der Sozialpsychologie wissen wir, dass ein in Gruppen gesuchter Konsens den Sinn einer „natürlichen Heuristik“ in der Entscheidungsfindung erfüllt. Anders ausgedrückt: Bevor sich jedes Mitglied einer Gemeinschaft einzeln mit jedem Sachverhalt auseinandersetzt, ist es effizienter, schwer überschaubare Themenkomplexe durch Austausch und Konsensbildung in der eigenen Community zu klären – man unterstellt der Gemeinschaft also intuitiv eine Art „Schwarmintelligenz“
Das Problem, welches hierbei im politischen Diskurs auftritt ist, dass die Wertung von Fakten immer abhängig ist von den Werten der jeweiligen Gemeinschaft – in Amerika traditionell Konservativ gegen Liberal/Demokratisch, je enger man den Fokus dabei setzt, desto mehr unterschiedliche Gruppen, also widerstreitende Wahrnehmungen gibt es.
Studien-Impuls: Die Wertung von Fakten ist abhängig von der Einstellung und den Werten der Community, zu der man sich rechnet
Stehen Fakten im Konflikt mit dem Weltbild und den Werten der eigenen Community, ist man evolutionär bedingt eher geneigt, die Fakten zu negieren anstelle deswegen in Konflikt mit seinem Umfeld zu treten.
Studien-Impuls: Menschen neigen dazu Fakten herauszufiltern, die nicht mit ihrem Weltbild vereinbar sind, oder zu Konflikten mit ihrem Umfeld führen.
Im Zeitalter von „fake-news“ äußert sich dieser Mechanismus sehr deutlich in dem Umstand, dass den Ansichten einer Gruppe widersprechende Fakten schnell unter Generalverdacht gestellt und als „falsch“ abgestempelt werden – so muss man sich weder mit der eigenen Community anlegen, noch Energie auf eine Neubewertung der Faktenlage und der eigenen Sicht der Dinge verwenden (bspw. dem Klimawandel).
Der gleiche Effekt kommt umgekehrt zum Tragen, wenn Menschen versuchen, Informationen über neue Sachverhalte zu erlangen: Sie tendieren eher dazu, Mitglieder ihrer Community zu konsultieren, anstatt zeitaufwändig nach Fakten zu recherchieren.
Studien-Impuls: Menschen erwerben ihr Wissen über komplexe Sachverhalte weniger durch Recherche von Fakten, sondern vornehmlich durch Konsultieren von Mitgliedern ihrer Community – also von Menschen, die ihre eigenen Ansichten und Werte teilen, und denen sie deswegen vertrauen.
Das heißt nicht, dass Fakten irrelevant sind, aber dass deren Auswahl und Wertung nicht objektiv erfolgt, sondern dem Konsens der Gemeinschaft unterliegt, welcher wiederum maßgeblich durch einige, als besonders kompetent geltende, Mitglieder geprägt wird.
Auch dieser gesellschaftliche Wirkmechanismus findet sich im alltäglichen Entscheidungsverhalten wieder.
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